Neues Gesetz zur Vermeidung von Arzneimittelknappheit

Verbesserung der Arzneimittelversorgung per Gesetz

20.07.2023

Die Knappheit von Arzneimitteln ist insbesondere in den letzten Jahren zu einem weltweiten Problem geworden, sowohl in Entwicklungs- als auch Industrieländern. In Deutschland sind hiervon vor allem Medikamente zur Krebsbehandlung (sog. Zytostatika) und Antibiotika betroffen. Im letzten Winter waren dann auch Medikamente für Kinder, vor allem Fiebersaft und -zäpfchen, nicht mehr flächendeckend verfügbar. Tatsächlich bestehen laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aktuell bei rund 500 Medikamenten Lieferengpässe. Diese schwierige Versorgungssituation führte zu einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit und setzte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zunehmend unter Druck.

Ursachen für die Lieferengpässe

Die Zuspitzung der Liefersituation in Deutschland hat diverse Gründe. Bisher galten vertraglich festgeschriebene Höchstbeträge für die Erstattung bestimmter Arzneimittel. Diese setzten Generikahersteller in den letzten Jahren zunehmend unter ökonomischen Druck. In der Folge verlagerten die Hersteller einerseits die Produktion ins Ausland und schlossen andererseits bevorzugt Lieferverträge mit dem Ausland, in dem oft bessere Preise erzielt werden können. Schwindende Produktion in Deutschland und Europa wiederum führt zu Lieferunsicherheiten durch lange Lieferketten. Kommt es dann zu akut gestiegener Nachfrage nach Medikamenten, wie letzten Winter, als eine Infektionswelle bei Kindern durch Deutschland rollte, spitzt sich die Situation zu und die Versorgung kann im schlimmsten Fall nicht mehr gewährleistet werden.

Inhalte des Gesetzentwurfs

Ende Juni dieses Jahres stimmte der Bundestag dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln zu. Am 07. Juli passierte das Gesetz den Bundesrat. Das Gesetz sieht vor, dass Arzneimittelhersteller eine einmalige Preissteigerung für Kinderarzneien um bis zu 50% für patentfreie Generika vornehmen dürfen. Es sollen somit Anreize geschaffen werden, die Produktion zu erhöhen und Deutschland stärker zu beliefern. „Ich möchte nicht noch einmal erleben, dass wir Kinder nicht versorgen können“, so ein Zitat des Gesundheitsministers. Bei Arzneimitteln für Kindern sollen daher zukünftig Festbeträge oder auch ausgehandelte Rabattverträge wegfallen. Auch soll es Förderungen geben, die eine Rückverlagerung der Produktion aus Asien nach Europa attraktiver machen sollen. Weiterhin sieht das Gesetz ein nationales Warnsystem der Behörden vor, um bevorstehende Lieferengpässe früher absehen zu können. Auch soll es für Hersteller und Großhändler zur Pflicht werden, bestimmte Medikamente auf Vorrat zu lagern. Außerdem sollen die Austauschregeln in den Apotheken bei Nicht-Verfügbarkeit eines rezeptierten Medikamentes gelockert werden.

Kritik am Gesetzentwurf

Natürlich gibt es auch deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf, insbesondere aus der Opposition, von den Krankenkassen und teilweise auch von Ärzten. So zielt das Gesetz primär auf Antibiotika und Medikamente für Kinder ab, weniger auf die ebenfalls oft nicht lieferbaren Krebsmedikamente. Es wurde allerdings schon eine geplante Ausweitung auf Onkologika angekündigt. Außerdem warnen die gesetzlichen Krankenkassen vor entsprechend steigenden Beiträgen für die Versicherten.

Ausblick

Ob das Gesetz tatsächlich Pharmaunternehmen dazu anleitet wieder mehr Medikamente und mehr in Europa zu produzieren und somit eine bessere Arzneimittelversorgung zu gewährleisten, bleibt abzuwarten. Es wurde jedoch der Handlungsbedarf erkannt und das Gesetz stellt einen Anfang und wichtigen Schritt in die richtige Richtung in der Bekämpfung der Arzneimittelknappheit dar.