Forschungsstandort Deutschland

Bürokratieabbau für mehr Wettbewerbsfähigkeit

13.02.2024

8,7 Milliarden Euro jährlich investieren die forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland in die Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln – das sind umgerechnet täglich etwa 24 Millionen Euro! Diese Zahlen zeigen, dass Deutschland auch weiterhin einer der führenden Forschungsstandorte weltweit ist. Dennoch fällt Deutschland im Wettbewerb der Standorte für pharmazeutische Forschung und Entwicklung seit Jahren international zurück.

Abstieg von Platz 2 auf Platz 6

Deutschland bietet mit einem der besten Gesundheitssysteme, einer hohen Bevölkerungsdichte, einer Vielzahl international anerkannter Universitäten sowie erstklassigen Forschungseinrichtungen ausgezeichnete Voraussetzungen für die Durchführung klinischer Forschung. Laut einer Auswertung des öffentlichen Studienregisters Clinicaltrials.gov durch den Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) verliert Deutschland jedoch seit Jahren bei klinischen Studien an Boden. Im Jahr 2016 nach der Anzahl klinischer Studien noch auf Platz 2 hinter den USA, befindet sich Deutschland in diesem Vergleich im Jahr 2021 nur noch auf Platz 6 weltweit. Die USA (1), China (2), Spanien (3), UK (4) und Kanada (5) liegen im Bereich klinischer Studien auf den vordersten Plätzen.

Hürden und Herausforderungen

Laut Experten sei der Hauptfaktor für den Wettbewerbsverlust die mangelnde Geschwindigkeit in Deutschland. Vertragsverhandlungen und Genehmigungsverfahren sind dermaßen zeitintensiv, dass Deutschland hier nicht mit den anderen Ländern mithalten kann. Auch nehmen in Deutschland vergleichsweise sehr wenige Menschen überhaupt an klinischen Studien teil. Zusätzlich erschwert die sehr strenge Auslegung des Datenschutzes die Datenverfügbarkeit und -nutzbarkeit und begrenzt somit oftmals technologische Möglichkeiten.

Indikationsgebiete

Die meisten in Deutschland durchgeführten Studien sind Phase III Studien, gefolgt von Phase II-, Phase I- und Phase IV-Studien. Von den im Jahr 2021 insgesamt 580 in Deutschland laufenden klinischen Studien entfällt der größte Teil (166) auf die Erprobung neuer Therapien gegen verschiedene Krebserkrankungen. Darauf folgt das Indikationsgebiet der immunologischen Erkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Asthma, Morbus Crohn).

Verbesserungsvorschläge zur Trendumkehr

Das Ziel aller beteiligten Interessensgruppen ist eine Trendumkehr, so dass Deutschland als Pharmastandort zukunftsträchtig bleibt und wieder europäischer Spitzenreiter wird. Bürokratie bei Studiengenehmigungen muss hierzu systematisch abgebaut werden und Vertragsverhandlungen zwischen medizinischen Einrichtungen und Sponsoren beschleunigt und vereinfacht werden. Im November wurde die 2. Fassung der „Mustervertragsklauseln für klinische Prüfungen mit Arzneimitteln unter Verantwortung eines pharmazeutischen Unternehmens“ von verschiedenen Stakeholdern und Verbänden (unter Anderem dem vfa) veröffentlicht. Diese sind unverbindlich nutzbar und sollen die Vertragsverhandlungen vereinheitlichen, vereinfachen und beschleunigen. In Frankreich beispielsweise werden derartige Mustervertragsklauseln standardmäßig genutzt. Zur besseren Bekanntmachung von klinischen Studien in Deutschland muss mehr Information verfügbar gemacht werden, Aufklärung betrieben und der Zugang zu bzw. die Teilnahme an klinischen Studien erleichtert werden. Auch das Vorantreiben der Digitalisierung in Deutschland ist essenziell, um international nicht weiter abgehängt zu werden.

Weitere Informationen:

vfa und Kearney: Pharma-Innovationsstandort Deutschland braucht Trendumkehr

Gemeinsame Mustervertragsklauseln 2.0: Beschleunigungshilfe für klinische Prüfungen am Studienstandort Deutschland (vfa.de)